Niels Henning Ørsted Pedersen
geboren am 27. Mai 1946 in Osted, Dänemark, gestorben am 19. April 2005
In Lennie Tristano’s Augen war er schlicht der größte Bassist aller Zeiten, eine Einschätzung die von vielen Musikern geteilt wird. Sein Beitrag zum Kontrabass im Jazz steht auf einer Stufe mit jener Revolution im Bassspiel, die seinerzeit Scott LaFaro, der legendäre Bill Evans Begleiter, auslöste.
Als Sohn eines Organisten begann Ørsted Pedersen – oder NHØP, wie er bald unter Musikern genannt wurde – zunächst mit dem Klavier, bevor er im Alter von 13 Jahren zum Kontrabass wechselte. Seinen ersten Auftritt im berühmten Montmartre Jazzhus in Kopenhagen hatte er Sylvester 1961, im zarten Alter von 15 Jahren.
Mit 17 lehnte er ein Angebot ab, der Count Basie Band beizutreten, da er das Gefühl hatte, dafür noch nicht erfahren genug zu sein. Als Mitglied der Hausband des Montmartre begleitete er Saxophon-Legenden wie Sonny Rollins, Dexter Gordon, Johnny Griffin, Rahsaan Roland Kirk und Stan Getz, sowie Bebop-Genie Bud Powell, Kenny Drew und auch Bill Evans, mit dem er 1965 durch Europa tourte.
Neben einem festen Job im Oscar Peterson Trio von 1974-1987, und der Tatsache dass er mit beinahe jedem berühmten Jazzmusiker gespielt hat, wirkte er auf etwa 400 Alben, die von Mitte der Sechziger bis Mitte der Achtziger Jahre entstanden sind, mit.
NHØP vereinte eine furiose Technik, bei der er die rechte Hand auf eine völlig neuartige Weise nutzte, mit einem vollen holzigen Ton und einem melodischen Einfallsreichtum, der ihn neben seinem rhythmischen Drive zu einem der begehrtesten Begleiter aller Zeiten machte. Er ging kreative Kollaborationen mit den Trompetern Palle Mikkelborg und Allan Botschinsky, den Gitarristen Philip Catherine und Ulf Wakenius, mit der Sängerin Maria João und den Pianisten Michel Petrucciani und Kenneth Knudsen ein. Er war weiterhin Lehrer am Rytmiske Musikkonservatorium in Kopenhagen.
Aber Niels-Henning Ørsted Pedersen war darüber hinaus auch ein profilierter Bandleader und Solist. 1993 brachte die Dänische-Rundfunk-Bigband das Album "Ambiance" heraus, das Pedersen - selber lange Jahre Mitglied der Band - in den Mittelpunkt stellte. Seine eigene Working-Band der letzten zehn Jahre, das NHØP-TRIO (mit Ulf Wakenius an der Gitarre und Jonas Johansen am Schlagzeug) war ebenfalls bemerkenswert produktiv. Umso glücklicher schätzt sich das ACT-Label, die Rechte an zwei Live-Aufnahmen dieser Band erworben zu haben, die auch Gitarrist Ulf Wakenius in Höchstform präsentieren: Aufnahmen des Dänischen Rundfunks aus dem Kunstmuseum Aalborg von 1999 sowie ein NDR-Mitschnitt aus dem Hamburger Rolf-Liebermann-Studio vom 11. März 2005 - die letzte Aufnahme dieses Ausnahmemusikers überhaupt. Ein gebührender Tribut an einen unvergesslichen Künstler.
The Unforgettable NHØP
Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, mit Niels Pedersen 15 Jahre lang zusammen zu spielen, sowohl in seinem Trio wie auch in Oscar Peterson’s Quartett. Es war eine fantastische musikalische Reise.
Man kannte ihn unter vielen Namen, „NHØP“, „The Viking“, "The great Dane with the never-ending name“ oder eben einfach: Niels-Henning Ørsted Pedersen.
Für mich war er nichts weniger als ein Genie am Bass. Er gehörte einem sehr exklusiven Club an, dem Club der Musiker, die man an nur einer einzigen gespielten Note erkennt. Miles Davis und John Coltrane waren natürlich Mitglieder diese Clubs – und er gehörte auch dazu!
Seine Karriere verlief wie im Märchen. Er spielte mit Bud Powell, als er 15 Jahre alt war, bekam mit 17 das Angebot, Count Basie’s Band beizutreten, tourte mit 18 mit Sonny Rollins – und so ging es immer weiter. Später traf er Oscar Peterson und arbeitete mit ihm über 30 Jahre lang zusammen. NHØP war es auch, dem ich es verdanke, in dieses legendäre Quartett aufgenommen worden zu sein. Die Liste der Musiker, mit denen er zusammen gespielt und aufgenommen hat, ist zu lang, um sie detailliert aufzuführen, aber sie enthält jeden wichtigen Jazzmusiker dieses Planeten.
Niels war ein ganz besonderer Mensch, geistreich und hochintelligent. Er war sehr stolz auf sein dänisches Erbe und spielte mit Vorliebe Folksongs aus Skandinavien. Auf der vorliegenden Aufnahme kann man das vielleicht bekannteste hören: „I skovens dybe stille ro“ („In der Stille des Waldes“). Das Album enthält Musik von Bach, Jazz Standards, Originalkompositionen, und dänische Folksongs – also genau die Mischung, die das musikalische Universum von NHØP ausmachte.
Er ist hier mit dem NHØP Trio, seiner bevorzugten Band der letzten zehn Jahre zu erleben, und ich finde, die Aufnahmen geben hervorragend Zeugnis davon, wie einzigartig NHØP live auf der Bühne klingen konnte.
Eine große Stimme hat uns verlassen. Wir werden ihn nie vergessen.
Ulf Wakenius
Göteborg im Mai 2007