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Jazz At Berlin Philharmonic
Jazz at Berlin Philharmonic V: Lost Hero - Tears for Esbjörn

Produktinformationen

Besetzung

Iiro Rantala / piano
Viktoria Tolstoy / vocals
Ulf Wakenius / guitar
Lars Danielsson / bass
Morten Lund / drums


Aufnahmedetails

Curated, produced & desinged by Siggi Loch

Recorded live in concert at the Berlin Philharmonie, (KMS), October 1, 2015
Recorded, mixed and mastered by Klaus Scheuermann
Presented by Stiftung Berliner Philharmoniker


Der 2008 bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommene Schwede Esbjörn Svensson hat mit seiner Musik den europäischen Jazz der letzten 15 Jahre entscheidet geprägt. Der Form des Klaviertrios, der klassischsten aller Jazz-Besetzungen, hat er neues Leben eingehaucht, indem er es wie eine Rockband betrachtete: Vom Erscheinungsbild, über den Zusammenhalt als feste, ganz auf ihr Projekt konzentrierte Gruppe bis zur musikalischen Formel: genial einfachen Melodien durch schleifenförmige dynamische Varianz eine sogartige Wirkung zu verleihen. Konsequenterweise ist Svensson so zum Popstar des Jazz geworden. Zahllose Bands haben die Grundmuster von e.s.t., des Esbjörn Svensson Trios, übernommen, und von Svenssons stilübergreifenden Ansatz sind heute zahlreiche zeitgenössische europäische Jazzpianisten beeinflusst.

Auch der finnische Pianist Iiro Rantala, der sich freilich auf viele Vorbilder als Einfluss beruft und technisch wie kompositorisch seinen ganz eigenen Stil entwickelt hat. Dazu gehört eine ausgeprägte Kunst der musikalischen Heldenverehrung, Diese beweist er aktuell mit der John Lennon-Jazz-Hommage „My Working Class Hero“, begonnen aber hat diese Vorliebe bereits 2011, mit seinem ACT Debüt „Lost Heroes“. Auf diesem unter anderem mit dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik und den ECHO Jazz ausgezeichneten Solopiano-Album zollt er seinen persönlichen musikalischen Vorbildern von Jean Sibelius über Bill Evans und Michel Petrucciani bis hin zu Luciano Pavarotti Tribut. Und eben auch seinem schwedischen Kollegen Esbjörn Svensson mit der ergreifenden Komposition „Tears for Esbjörn“. Aus einem Stück hat sich nun ein ganzer Konzertabend entwickelt und Iiro Rantala hat prominente Musiker-Unterstützung bekommen: Am 1. Oktober erinnerte „Jazz At Berlin Philharmonic“ in einem umjubelten aber auch sentimentalen Konzert an den „verlorenen Held“, Esbjörn Svensson.

Alle Musiker dieses Konzertabends stehen in Esbjörn Svenssons Fußstapfen, was die Überwindung der Genregrenzen angeht. Sogar eine Weggefährtin war die Sängerin Viktoria Tolstoy, die man mit einigem Recht Esbjörn Svenssons Stimme nennen könnte. Neben Nils Landgren war sie die einzige, für die Svensson das Diktum brach, sich ganz auf e.s.t. zu konzentrieren.

Auch der Gitarrist Ulf Wakenius hat eine besondere Beziehung zu Svensson: Als großer Bewunderer seines Landsmanns hat er schon 2008 als erster ein komplettes Hommage-Album mit dessen Musik eingespielt. Die letzten zwei der All-Star-Besetzung des Abends wiederum waren bereits Rantalas Begleiter auf „My History of Jazz“ und sind auch mit allen anderen Beteiligten über Kreuz verbandelt. Einmal Lars Danielsson, die ragende Gestalt unter den europäischen Jazz-Bassisten und -Cellisten; und schließlich der dänische Schlagzeuger Morten Lund, der schon bei gut 60 Alben zahlreicher internationaler Stars oder auch Mitgliedern der ACT-Musikerfamilie von Cæcilie Norby bis zu Adam Bałdych oder eben Iiro Rantala beteiligt war.
 
In wechselnden Besetzungen, Stimmungen und Interpretationsansätzen widmen sich Rantala und seine Mitstreiter hier nun einigen der bekanntesten e.s.t.-Stücken, die inzwischen Eingang in das Great European Songbook gefunden haben: Vom ersten e.s.t. Hit, dem „nordisch“ verhangenen „From Gagarins Point Of View“ über das dramatische, als modernes Improvisationsstück und reines Gitarrentrio angelegte „Seven Days Of Falling“ bis hin zum alles mitreißenden „Dodge The Dodo“, das seinerzeit eine Art Erkennungsmelodie der e.s.t.-Konzerte war. Quasi als Prolog ist mit „Tears For Esbjörn“ Rantalas titelgebende Komposition, hier im Trio mit Danielsson und Wakenius interpretiert, vorangestellt. Und als Epilog erklingt „Imagine“ von John Lennon, dessen optimistische Utopie man hier auf auch die verbindende Kraft von Esbjörn Svenssons Werk beziehen darf.
 
Und dann ist da natürlich noch „Love is Real“, Svenssons wohl emotionalstes, bereits zum Jazz-Standard gewordenes Stück. Von Viktoria Tolstoy berührend gesungen, darf sich der Albumtitel „Tears For Esbjörn“ hier beim Publikum erfüllen. Niemand braucht sich da zu schämen, Tränen der Trauer über den unersetzlichen Verlust Esbjörn Svenssons zu vergießen. Und Tränen der Freude über die Musik, die er uns hinterlassen hat.